Sonntag, 27. Februar 2011

von schwarzbrotsehnsucht und semlaschlemmerei. oder: home is where your heart is.


in den letzten tagen bin ich in mancherlei hinsicht ärmer, in vielerlei hinsicht aber auch reicher geworden. beginnen wir mit den armutsmomenten: der alltagseinstieg nach dem minischwesternurlaub war nicht unbedingt eine leichtigkeit, sondern gestaltete sich eher traurig und träge. ungewöhnlich oft wanderten meine gedanken in dieser woche über die eisbedeckte ostsee in die stadt der moderne, die bei mir sonst häufig nicht unbedingt positive assoziationen hervorruft. so ist es aber wahrscheinlich mit dem land und den leuten: am ende nehmen die menschen, die bezaubern, im herzen doch den größeren platz ein als die orte, die faszinieren. und obwohl ich in dieser woche so manches mal gern einen deutschlandtag genossen hätte, weiß ich doch, dass ich mit der blaugelben schönheit noch nicht abgeschlossen habe. mein liebstes land hält noch viel für mich bereit - überraschungen und herausforderungen, schönheit und glückserlebnisse. endorphine steckten für mich am mittwoch in viel bedrucktem papier: hier werden bücher gerade zu aupairfreundlichen preisen ausverkauft - und mein schwedischer erinnerungs- und traditionsschatz ist nun am wachsen und gedeihen. gleich am donnerstag folgte auf diesen kleinen kaufrausch ein großer genuss: schwedische semlor werden mich noch um den verstand und meine letzten kronen bringen. nur gut, dass am neunten märz die semlafreie fastenzeit beginnt. dann wird es noch bedeutsamer, sich auf die optischen eindrücke zu konzentrieren. und das fällt bei dieser schwedenschönheit auch nicht schwer. gestern stand ein ausflug in den winterlichen schärgarten auf dem programm, der durch eingeschneite inseln und zugefrorene wassermassen beeindruckt. beinahe kann man sich nach lönneberga denken, oder nach bullerby. in der kleinen fischkneipe mussten die kartoffeln erst mal aufgesetzt werden, was bei der köchin zeitdruck und panik auszulösen schien, uns allerdings eher amüsierte. ein kleinbus brachte uns zurück zum schiff, das sich seinen weg durchs eis brach und uns wiederum über schwedischen zauber und winterliche eleganz staunen ließ. sverige in wort und ton, geruch, geschmack und bild also. und trotz allem tyskland im hinterkopf.

Sonntag, 20. Februar 2011

von stockholmsblick und schwesternglück. oder: the many ways of sisters.


 
meine schwedische welt wird nun wieder einen graueren anstrich erhalten, nachdem sich die letzten tage strahlend und intensiv gestalteten. ich durfte meine kleine schwester auf entdeckungsreise mitnehmen, sie ein bisschen in meinen alltag einführen und gleichzeitig eine art kurzurlaub genießen. der begann am donnerstag, als die beiden kleinen schlingel mit ihren eltern richtung fjäll aufbrachen. mit dem landrover und unmengen an gepäck führte ihr weg zu einer skischule und einigen schneespaßtagen. mein programm sah da ganz anders aus: nachdem ich der königlichen bibliothek einen besuch abgestattet hatte, wartete in der innenstadt ein dick eingepacktes chemnitzer mädchen mit großem koffer und großer erzähllust auf mich. nach diesem so lang ersehnten startschuss schien die zeit nur so zu fliegen. oft wussten wir gar nicht so richtig, wo wir beginnen sollen - beim ansehen, beim mitteilen, beim erleben, beim ausprobieren. und am ende zählte ohnehin viel mehr die miteinander verbrachte und genossene zeit als die anzahl der museen, sehenswürdigkeiten, shoppingerfolge. gemütliche filmabende mit deutscher schokolade und schwedischen bettdecken gehören genauso zu den glückserinnerungen wie eine winterbootsfahrt entlang der stockholmer inseln. die stadt meines herzens durften wir zusammen sehen, schmecken, riechen, fühlen, hören. ob kladdkaka oder aussichtsturm, dansmuséet oder altstadtspaziergang, einkaufstour oder fikapause: dieses verlängerte wochenende zusammen werde ich im kopf, vor allem aber im herzen bewahren und wohl so schnell nicht vergessen. und in umnachteten momenten helfen mir unsere fotoautomatenbilder, deren entstehung wahrscheinlich einen eigenen blogeintrag füllen könnte. bei so vielen glücksmomenten fällt der abschied schwer, sehr schwer. aber, wie pippi schon so schön sagte: 'am besten, ihr geht jetzt nach hause, damit ihr [...] wiederkommen könnt. denn wenn ihr nicht nach hause geht, könnt ihr ja nicht wiederkommen. und das wäre schade.' und ich weiß ja, dass es ein wiedersehen und wiederkommen geben wird. und bis dahin muss die zeit mit unternehmungen und erlebnissen und überlegungen und eindrücken gefüllt werden. und natürlich mit den erinnerungen und gedanken an das wunderbare gewesene.

Sonntag, 13. Februar 2011

von winterherzen und sonnenstunden. oder: vad är det för en dag, är det en vanlig dag?


manchmal entsteht in mir wirklich die frage, wie hier ein gewöhnlicher tag aussieht, was meinen alltag ausmacht, wo sich routinen und muster ergeben. hin und wieder scheine ich in meinen schwedischen rhythmus hineinzugleiten, der dann aber oft von erlebnissen, eindrücken, ereignissen durchbrochen wird. von zeit zu zeit gehören enttäuschungen dazu, mit denen umzugehen mir nicht immer leicht von der hand geht. oder es ist die verbindung nach hause, die sehnsucht und heimweh in mir aufkommen lässt. oder es schleichen sich erkenntnisse und sicherheiten ein, die ich momentan mehr als willkommen heiße. oder aber eine frustwelle kommt auf, die es zu bekämpfen gilt - am besten mit gesprächen und gebäck. und dann gibt es natürlich noch die besonders besonderen tage, zu denen der freitag gehört. zum ersten mal habe ich nicht mit meiner, sondern einer anderen, mir trotz allem immer noch fremden familie in ein neues lebensjahr gefeiert. meine angst vor den grünen marzipanmassen der princesstårta war glücklicherweise unbegründet - stattdessen durfte ich mich über rhabarbertorte, heimatpäckchen, glückwunschkarten und geburtstagslieder freuen. schweden machte mir ein ganz besonderes geschenk: fünfzig zentimeter neuschnee, die mein lieblingsland wieder in eine bezaubernde glitzerwelt verwandelten, gleichzeitig aber für ordentlich chaos und durcheinander sorgten. am samstag schnappte ich mit deswegen einen plastikschlitten und nutzte die gelegenheit - denn wer weiß wirklich, wie verlässlich der skandinavische winter noch ist? über die zurückgekehrte kälte freuten sich auch ambitionierte eisläufer, die heute die 80 kilomenter zwischen uppsala und stockholm beim vikingarännet 2011 zurücklegten. weil die letzte nacht spät endete, waren wir heute beim zuschauen auch nicht unbedingt früh dran - und konnten immerhin noch einen blick auf fünf nachzügler erhaschen. danach setzten wir einen wundervollen wintersonnenspaziergang fort und genossen klirrekälte und schneezauber. und in diese welt lade ich nächste woche meine schwester ein, die hoffentlich mit dicken mützen und schwedenlust anreist und auf deren ankunft ich mich schon jetzt freue. dann kommt nämlich ein bisschen heimat zu mir. ein wunderbares bisschen.

Sonntag, 6. Februar 2011

von körper und seele. oder: immer wieder sonntags.


die kunst des lebens besteht darin, dem alltag immer wieder sonntage abzugewinnen. (ernst ferstl)

sonntag - mein liebster lieblingstag. und seit juli immer wieder der tag, an dem ich über die vergangene woche noch einmal nachgedacht und erlebnisse und gedanken für mich summiert habe. wenn ich jetzt einen blick zurück werfe, ist das staunen über die vielen schon vergangenen sonntage und wochentage und feiertage und eben überhaupt tage groß. da reihen sich so viele augenblicke aneinander, die für mich so unterschiedliches bedeuten. manchmal fühle ich mich so weit entfernt von allem bisher gewesenen; an anderen tagen sehne ich mich nach meinem familienleben. und zwischen grauen und nicht so grauen momenten reihen sich überraschend oft die unter-der-woche-sonntage ein, die ich meinem alltag immer wieder abgewinnen kann. während der letzten sieben tage waren das zum beispiel kinderkunterbunte stunden. luftküsse von erik und umarmungen von nils, dschungelwohnzimmerrennen und pfannkuchenfreitagsfreuden. oder auch außenausflüge mit wunderbaren schwedenmenschen. so habe ich endlich das stadshuset von innen gesehen und im anschluss einen spaziergang entlang des zugefrorenen sees mälaren genossen. zur stärkung gab es für mich danach die erste semla meines lebens, das fastenbrötchen der schweden. ursprünglich war es mit einer semmel vergleichbar, bis beim folk des blaugelben landes der heißhunger auf süßes zuschlug und die semla mit mandelmasse und schlagsahne gefüllt wurde. schweden eben. ein weiterer kulinarischer höhepunkt war der köttbulletallrik, der mich am donnerstag bei ikea erwartete. an wochentagen preisgesenkt, werden fleischklößchen, kartoffelbrei und preiselbeermarmelade von mindestens jedem zweiten besucher bestellt. dem leib habe ich also ausreichend gutes geboten. da galt es, einen seelischen und kulturellen ausgleich zu schaffen. und das gelang mehr als gut: gestern durfte ich 'messias' von händel als ballett in der königlichen oper ansehen und erleben, und war mehr als begeistert. sobald man dieses imposante gebäude betritt, fühlt man sich silvia, carl gustaf und viktoria um einiges näher. und heute ist nun wirklich sonntag und damit zeit für zeit. zeit, um sich vorzufreuen. zeit, um nachzudenken. zeit, um zu hinterfragen. zeit, um nach vorn zu schauen.