Sonntag, 26. September 2010

von zeitreisen und kopfchaos. oder: mutigen schrittes, schweren herzens.

und die worte und gefühle und eindrücke und gedanken und erlebnisse fliegen im kopf herum, gleich einem blätterhaufen, der vom wind aufgewirbelt und durch die luft getragen wird. von himmelhochjauchzend bis zutodebetrübt reichte das spektrum in dieser woche - langeweile und eintönigkeit kommen also nicht auf. dauerdepressionen sind ebenso unwahrscheinlich wie glücksüberschuss. obwohl: eine ahnung von letzterem kommt auf beim genuss einer wunderbaren schwedischen bulle in der wunderbaren schwedischen tbana mit einem wunderbaren fastschonschwedischem aupair. gemeinsam entdeckten wir den garten des schwedischen künstlers carl milles auf lidingö und warten nun darauf, dass das museum endlich schließt und wir einziehen können. jeden morgen die steintreppen hinuntersteigen, entlang des springbrunnens mit den skulpturen spazieren und eine wundervolle aussicht auf stockholm genießen - so könnte die zukunft aussehen. vorher aber ließen wir die vergangenheit wieder aufleben. in skansen, dem stockholmer freiluftmuseum, verzauberten uns herbstdüfte, marmeladenhäppchen, strohschlachten, elchgrüße, holzhäuschen, glasbläsereinblicke und der zauberhafte eindruck, im astridlindgrenland umherstreifen und sich ein klein wenig dieser unglaublichen schönheit mitnehmen zu dürfen. und schon ging die reise weiter: ein klein wenig italien und portugal gesellten sich zum schwedenglück, als ich meine wochenendschlafstätte bei dorothea bezog und italienische pizza ihres gastvaters schnabulierte. nicht nur den weichen flokatiteppich fand ich wundervoll, sondern auch die plaudereien und die entspannenden stunden und den meerbesuch am nächsten morgen. wenn das mit dem millesgården nicht klappt, bleibt uns immer noch die insel von abbasänger benni. und den platz für unsere letzte ruhe haben wir auch schon ausfindig gemacht: der skogskyrkogården, der zum unescoweltkulturerbe gehört, war unheimlich beeindrucken. natur und funktion gehen dort hand in hand, und das windigkalte wetter passte perfekt. auf dem flohmarkt auf dem hötorget konzentrierten sich die gedanken wieder mehr auf das hier und jetzt, obwohl so manches pinkes kleidchen erinnerungen an kindertage weckte. und schließlich wurde es zeit, stockholm bis morgen lebewohl zu sagen, die heimat wieder anzustreben. dort erwarteten mich mein partner mit neuen atlantisbildern und der schwierigen frage, welche figur ich gern wäre (für alle neugierigen leser: ich wählte den hai), ein hyperaktiver jagdhund, ein heimkehrender pfadfinder, ein oxfiléküchenzauberer und die dame des hauses, die mir den spitznamen käsekäthe verschaffte. und trotz eines gemütlichen wochenausklangs mit all diesen figuren, die leben ins hause hultin bringen, würde ich im moment nur allzu gern mein zimmer mit einem zweiten bett und besuch ausfüllen. ja, ich vermisse und denke zurück. ganz besonders karl und seine eltern. und schaue doch gleichzeitig nach vorn, neuen wegen und neuen wochen entgegen.

Sonntag, 19. September 2010

von weintraubeneinvernehmen und sprachspäßchen. oder: was wäre das leben ohne einen partner?

'käthe, vi är bästa partner.' dieser satz aus dem mund eines kleinen jungen, der wahrscheinlich später kalle anka heiraten und auf einem starwarsraumschiff durchs all fliegen wird, ist auf jeden fall eine weitere perle für meine erinnerungs-, eindrucks- und erlebnissammlung. ja, wir sind partner. auch wenn ich von zeit zu zeit vielleicht zu wenig begeisterung für eine atlantiskrabbe aufbringe und mich mehr an denen erfreue, die gestern abend auf unseren tellern landeten und mir eine große geschmacksfreude bereiteten. auch wenn mein interesse an lustigen taschenbüchern zu hannes' enttäuschung kleiner ist als das an den werken von astrid lindgren und selma lagerlöf, die ich nun inflationär nach hause tragen darf. in meinem portemonnaie findet sich nämlich seit dieser woche eine lånekort der stockholmer stadsbibliotek, juhu! auch wenn wir immer mal aneinander geraten, wenn es darum geht, ob man varmkorv oder grönsaker den vorzug geben sollte. umso besser verstehen wir uns im bezug auf weintrauben und äpfel, deren gemeinsames vernaschen uns beiden ein lächeln entlockt. auch wenn wir unsere lautstarken phasen nicht besonders gut aufeinander abstimmen können. hannes liebt den wochenendsradau, meistens dann, wenn mir nach ausschlafen ist. und während ich unter der woche geräuschvoll die küche säubere und aufräume, würde der legoliebhaber wahrscheinlich gern noch ein stündchen träumen. auch wenn wir abschnittssweise genug voneinander haben und das weite suchen. hannesnannes zieht dann gern samstags oder sonntags bei adde mit dem riesenhund ein. dahingegen wähle ich den bus nach stockholm, um die hauptstadt skandinaviens kennenzulernen (sehr gern mit dem mariefredmädchen, mit dem sich regengüsse wunderbar aushalten lassen) und um die überhandnahme der konversationen mit den blaubeeren und pfifferlingen zu verhindern (denn mit anderen barnflickor redet es sich deutlich leichter; waldgewächse können mitunter doch sehr verschlossen sein.). auch wenn hin und wieder eine sprachbarriere trennt. gleichzeitig trainiert eben diese hannes aber für eventuelle tabuabende (durch meine häufig auftauchende frage 'vad betyder det?' müsste er jetzt bestens auf allerlei worterklärungen vorbereitet sein) und motiviert mich, auch bei müdigkeit und erschöpfung alle restenergie in den sprachkurs zu stecken, der immer wieder anlass für lächeln und geplapper und erkenntnis ist. einen partner zu haben, der zwar nur halb so groß, dafür aber doppelt so lebhaft ist wie man selbst, bringt vorteile und vergnügen, lässt oft aber dennoch den wunsch nach einem (oder mehreren) zusätzlichen partnern aufkeimen. partnern, die man herzlich umarmen, denen man sich anvertrauen könnte. partner, die einen durch und durch kennen und verstehen. manchmal ist es vor allem das alleinsein, das für traurige momente sorgt. neben der erkenntnis über sich selbst und seine umgebung, neben allen erlebnissen und erfahrungen, wird dieser schatz immer wertvoller und kostbarer. und umso deutlicher wird mir bewusst, was salomo meint, wenn er schreibt:
'zwei haben es besser als einer allein: [...] wenn sie hinfallen, kann einer dem anderen aufhelfen. doch wie schlecht ist der dran, der allein ist und fällt, und keiner ist da, der ihm beim aufstehen hilft! [...] ein einzelner kann leicht von hinten angegriffen und niedergeschlagen werden; zwei, die zusammenhalten, wehren den überfall ab.' (prediger 4, 9)

Sonntag, 12. September 2010

von himmelreisen und erdrutschen. oder: wahrscheinlich ist es so, dass die farben und das licht unendlich viel stärker als der schatten sind.

'fly with me and take the sky. close your eyes and feel the wind. you and i will live to see. when we reach the sky you will find. fly away, take my hand, spread your wings, reach the sky. i can make you believe life is rich, rich within me. so fly away, hold my hand, feel the wind, take the sky. [...] fly with me. night will fall and stars will shine. and the moon will smile to ease your mind. questions why life is so strange - watch me fly, i'll take you there to see. fly with me.'
kennt ihr dieses gänsehautkribbeln, das durch glücksmomente ausgelöst wird? 'lenas sång' aus dem schwedischen film 'så som i himmelen' verursacht dieses schöne und zugleich traurige gefühl bei mir. und auf eine gewisse art und weise fasst dieses stück die letzte woche treffend zusammen. manchmal fühle ich mich hier dem himmel ganz nah, dem himmel mit seinem wind und seiner freiheit und seiner weite. wenn ich schon beim frühstück das liebste geliebte meer bestaunen darf. wenn hannes im spidermankostüm auf mich zuspringt und mir eine umarmung schenkt. wenn mats nach drei langen wochen mit seinem 'hej hej' und unserem wiedersehen in mir eine ganz tiefe freude auslöst. wenn das familiensegelboot mich zu einem weiteren krebsfest bringt und anschließend für eine nacht in einer kleinen kajüte beherbert. wenn kleine plaudereien auf der wundervollsten sprache (dank dem sprachkurs in stockholm) immer besser klappen und ich den tischgesprächen folgen kann. wenn ich im chor von norrtälje bei einem herbstkanon zusammen mit anderen schwedischen damen über den farbenreichtum dieser jahreszeit entzückt bin. wenn ich von stockholms stadshusetstornet den ausblick auf diese bezaubernde stadt genießen darf. so viele wunderschöne augenblicke reihen sich nun in diesen zwei monaten schon auf eine lange perlenkette, die mir wertvoll ist und die ich so oft bestaune. und dennoch gibt es eben nicht immer nur das schmuckkästchen, sondern auch aufgabenewigkeiten, müdigkeitsmomente, heimwehtrauer, kuchenunglück, stimmungsachterbahnen. dann würde ich so oft gern fliegen, nach hause, oder eben für ein bisschen ruhe in den sternenhimmel hinein. zum glück, zum glück mischen sich in diese grauen schatten die blaugelben freuden, die wärmenden worte, die strahlenden aussichten. und mit ihnen kommt die sicherheit über den reichtum meines schwedischen lebens zurück.

Sonntag, 5. September 2010

von rehrendezvous und großstadtgeflüster. oder: für jeden tomatenmund auf dem sofa mindestens zwei astrid-lindgren-bücher und ein glücksgespräch.

mit kindern, gegen hunde und in der fremde wird das leben zur achterbahnfahrt. manchmal habe ich das gefühl, im tal festzuhängen und nur langsam wieder mit meinem wägelchen ein stück nach oben zu gelangen. zum beispiel, wenn ich morgens durch das haus wusele und so viel auf der todoliste für den tag lese, und trotzdem oder gerade deswegen hannes dazu bewegen muss, eine schnellere anziehgeschwindigkeit als eine socke pro viertelstunde einzulegen. oder wenn der hund mich mal wieder für seinen besten freund hält, und ich ihm wie so oft einen korb geben muss (hoffentlich hat das keine langzeitschäden, schon so früh diese rückschläge wegstecken zu müssen.). oder wenn mich ein ostpaket erreicht und ich mich am liebsten komprimiert darin zurück an den absender schicken würde, um mal schnell 'hejsan' zu sagen und 'puss och kram' zu empfangen. aber zum glück findet man achterbahnen ja gewöhnlich in vergnügungsparks, was auf ihre eigentliche funktion hindeutet: sich wohl zu fühlen, ein lächeln auf den lippen zu haben, freude im herzen zu tragen. und so lässt mich so mancher looping juchzen: in dieser woche habe ich eine kleine roslagsrundreise unternommen, zu oskars brygga und solö brygga und furusund brygga (keine brücken, sondern stege, wie mir das liebste ostseemädchen schon an meinem ersten tag auf der sonneninsel beibrachte). der tag stand noch in den startlöchern, die sonnenstrahlen kitzelten meine nasenspitze und das meer strahlte die bezauberndste form von stille aus, die ich kenne. und bambi hielt wahrscheinlich schweden für einen geeigneteren wohnsitz als die vereinigten staaten (herzlichen glückwunsch zu dieser weisen entscheidung!) und hatte sogleich ein rendezvous am spätsommerabend mit mir. neben diesen landlebenslüsten habe ich außerdem stockholmer luft geschnuppert: so viele menschen um einen herum, so viele eindrücke von allen seiten, so viele gespräche mit anderen barnflickor. und auf den busfahrten konnte ich gleich meine stadtbibliothekseroberungen genießen: 'alla vi barn i bullerbyn' kenne ich seit dem morgen nun auch auf schwedisch und bin hingerissen von astrid lindgren, die mich alle stressigen stunden vergessen lässt. kommt dazu noch ein picknick in einem stockholmer park am nachmittag und wundervolle worte von lena am abend, ergibt sich daraus ein großartiger sonntag, der neue freude und neue stärke keimen lässt.